Reinhild Zietz

Texte

"Transparenz" (Ausschnitt)

"Das Wort Transparenz geht in seinem Ursprung auf die Kombination des lateinischen "trans" für "(hin)durch" und "parere" für "sich zeigen, scheinen" zurück. Dies kann man zunächst ganz wörtlich nehmen, denn Transparenz wird zum Beispiel als optische Eigenschaft eines Materials definiert, wenn man etwas (räumlich) Dahinterliegendes relativ klar erkennen kann. Im übertragenen, metaphysischen Sinn steht Transparenz jedoch auch für das Erkennen und Deutlichwerden jenseits aller Optik.

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Mit dieser Vielschichtigkeit der Wahrnehmungsebenen spielen die künstlerischen Arbeiten von Reinhild Zietz und Ping Qiu.

Zum einen geht es um die - offensichtliche - Verarbeitung oder Nutzung transparenter Materialien wie Plexiglasscheiben, Plastikfolie, transparenter Farben oder gar des Elementes Luft. Gleichzeitig sind in nahezu allen Arbeiten mit dieser vermeintlich einfachen "Durchschaubarkeit" Brüche, Verschiebungen, Hintergründe verknüpft, die ansonsten Verborgenes für uns sichtbarer machen. Es geht um das Entdecken, Sehen, vielleicht das Assoziieren in erweiterter Form, um die Fragen nach Vertrautheit und Intimität, nach einem eigentlichen Sinn oder einer Geschichte hinter den Dingen.

Einige Bildobjekte von Reinhild Zietz bestehen aus zwei Plexiglasscheiben, deren Zeichnungen bzw. Malereien sich überlagern. Der Ausgangspunkt für diese Bilder, deren Leuchtkraft durch die Verwendung transparenter Siebdruckfarben noch intensiviert wird, ist für die Künstlerin die Vorstellung von Landschaften, die sie abstrahiert.

Die Bildobjekte, die aus einer Fotografie - es handelt sich dabei um Straßenszenen in Asien - und einer darüber gelagerten Zeichnung bestehen, spielen darüber hinaus mit dem flüchtigen Moment der Fotografie - im übrigen ein Medium, dass nur aufgrund von Transparenz existiert! Die sieben Objektkästen nutzen darüber hinaus das Licht als verstärkendes Moment. Allen Darstellungen gemein ist eine verfremdete Sicht auf soziale und architektonische Strukturen.

Die Zeltinstallation von Zietz geht darüber hinaus der Frage nach, was sich hinter normaler Weise nicht transparenten Materialien verbirgt: Durch die Verwendung von Folie zeigt sie das Innere der Behausung, gibt Einblick in die Intimität des Wohnraumes mit den persönlichen Dingen. In diesem Fall sind es ein kleines Radio und ein WOK, letzterer - wie auch die Bildmotive in den anderen Arbeiten - ein Hinweis für die Affinität der Künstlerin zur Asiatischen Welt."

Beate C. Arnold

Wissenschaftliche Leiterin der Barkenhoff-Stiftung Worpswede

Statement zur Eröffnung der Ausstellung "Transparenz", Ping Qiu / Reinhild Zietz, am 16. Mai 2009

"PREFACE" (Ausschnitt)

"Ms Zietz, a German artist, appreciates highly Chinese traditional cultures. Her lines which contain a touch of Eastern spirit not only display the depth and original elements of the magnificent Eastern culture, but also get the mysterious Eastern feeling of the famous Chinese artist Zhao Wuji. Her appreciation, understanding and active pursuit of the different Eastern cultures impressed me greatly."

Prof. Wang Yuechuan

16. April 2009, Peking University, Beijing, China

Katalog "The World ARTISTS´ DIALOGUE"

siehe auch den Text zu den Ausstellungen

Die Einheit von Idee und Technik

Reinhild Zietz hat eine sehr eigenständige Bildform entwickelt, die eine Brücke zwischen der europäischen und chinesischen Malkultur schlägt.

Ihre ebenso abstrakte wie reale Sichtweise auf die Landschaft, ihre virtuosen Farbkompositionen mit Tusche (in Verbindung mit Acryl) und die spontan gesetzten Zeichen mit breiten, schweren „Pinselhieben“ sind dem kalligraphischen Ausdruck ostasiatischer Malerei ebenso nahe wie der europäischen und amerikanischen Gestik des Informel und des abstrakten Expressionismus.

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In einem der zahlreichen Künstlergleichnisse aus dem alten China wird erzählt, wie der Kaiser mehrere Künstler an den Hof bittet, um die Wände seines Palastes auszumalen. Alle Eingeladenen, bis auf einen, machen sich sofort an die Arbeit, da nur wenig Zeit zur Verfügung steht. Trotz mehrfacher Aufforderung behält der offenbar arbeitsunlustige Meister sein außergewöhnliches Verhalten bei. Erst Minuten vor dem offiziellen Übergabetermin malt er vor den Augen des erstaunten Auftraggebers eine in den feinsten Nuancen lebendige Landschaft, in die er nach dem letzten Pinselstrich eintaucht und allmählich verschwindet.

Viele Werke von Reinhild Zietz scheinen nach dem gleichen Prinzip entstanden zu sein. Das Bild steht fertig vor Augen der Künstlerin, bevor es mit hohem technischen Können in Form, Farbe und Bewegung umgesetzt wird. Alle Stadien des bildnerischen Entstehungsprozesses, von der Idee zur Ausführung, haben in der Imagination eine Verdichtung erfahren, die sich als ein ebenso direkter wie selbstverständlicher Akt auf dem Bildträger niederschlägt. Die alten taoistischen Philosophen Chinas nannten diese Haltung ein „Tun ohne Tun“.

Der Sinn dieses Gleichnisses liegt in dem Einklang von Geist und Materie, der sich erst nah langer Konzentration und über eine perfekte Technik einstellt. Das gilt ebenso für die Malerei wie für die Schrift, die im alten China ein fester Bestandteil der Kunst war.

Die Faszination, die von der chinesischen und japanischen Kultur und Kunst ausgeht, hat die Vorstellungen vieler Künstlerinnen und Künstler der Moderne – vor allem im späten 19. Jahrhundert und im so genannten „Weltreich der Abstraktion“ nach 1945 – stark beeinflusst. Reinhild Zietz gehört zu denen, die in der Auseinandersetzung mit den bedeutenden bildnerischen Traditionen des Fernen Ostens und Europas ein unverwechselbares Profil gewonnen haben.

Prof. Dr. Hans-Joachim Manske

Direktor der Städtischen Galerie Bremen

Katalog BEIJING, 2000

Wasserbotschaften

Reinhild Zietz vermittelt in ihrer Kunst einen Dialog zwischen Spiritualität und Landschaft, bedingt durch das Bedürfnis nach Kommunikation zwischen dem Selbst und der Tiefe der Natur. Dieser Aspekt, der den roten Faden ihrer letzten Arbeiten darstellt, ist auf ihre Kindheit zurückzuführen, auf die Faszination, die die Landschaften des Nordens, die Weite des Meeres ausüben und die schon in der deutschen Malerei der Romantik bei Caspar David Friedrich anzutreffen ist sowie auch später eine Konstante im Expressionismus darstellt. Die Natur ist in der Tat eines der großen Themen der deutschen Kunst.

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In der heutigen Zeit, in der die Umweltproblematik eine immer größere Rolle spielt, gewinnt die Auseinandersetzung mit der Natur eine neue Bedeutung. Die Künstlerin hat sich intensiv mit dem Element Wasser beschäftigt, das in ihrer Arbeit eine zentrale Rolle einnimmt. Wasser ist Leben, es ist Bewegung, es ist Veränderung. Es ist auch ein Symbol für Reinheit und Erneuerung. In den Gemälden und Fotografien von Reinhild Zietz wird das Wasser in all seinen Facetten dargestellt: als ruhige Oberfläche, als stürmische Welle, als reflektierendes Element. Die Künstlerin fängt die verschiedenen Stimmungen und Atmosphären ein, die das Wasser erzeugen kann.

Die „Wasserbotschaften“ vermitteln den vitalen Rhythmus des Wassers, die wechselnden Lichtreflexe, die durch die unbeständige Oberfläche erzeugt werden. Es sind auch jene Botschaften, die überall, in jedem Kulturkreis die Menschen in ihrer notwendigen Beziehung zum Wasser verbinden. In diesem Sinne spielen die Reisen von Reinhild Zietz eine wesentliche Rolle: Begegnungen mit der Nordseeküste, den Trentiner Seen, mit den Flüssen Chinas, mit Venedig ermöglichen die Reflexion über die zentrale Bedeutung des Elements Wasser in unterschiedlichen Landschaften und Kulturen. In den Gemälden wie in den Fotografien sind intensive emotionale Momente festgehalten.

Aus diesem Grund zielen ihre Arbeiten darauf, einen doppelten Blickwinkel auszudrücken: einen objektiv-fotografischen sowie einen subjektiven-malerischen. Das fotografische Bild neben der malerischen Umsetzung bietet eine ungewöhnliche Zusammenstellung und regt zur Reflexion an. Das Wasser, der zentrale Bildinhalt, wird zu einem Bereich der Emotion sowohl der Künstlerin als auch des Betrachters. Die verschiedenen Blautöne, die bevorzugte Farbe, konstruieren eine freie, von beschreibenden Elementen losgelöste Darstellung durchsichtiger Atmosphären und intensiver Empfindungen. Die schnellen und heftigen Pinselstriche spiegeln die innere Bewegung gegenüber dem Spiel der Wellen und der Lichtreflexe, denen durch das materielle Element eine physische Dimension verliehen wird. Der Einsatz des Rots schließlich – nie vorherrschend und harmonisch den kalten Farben hinzugefügt – unterstreicht die gefühlsmäßige Einbeziehung, ist gleichzeitig kontrolliert und bestimmt.

Die Komposition sowie die grafischen Elemente sind auf das Wesentliche reduziert und erinnern an fernöstliche Kunst, die vielleicht einen Bezug zum oben genannten Aufenthalt in China haben. Auch der Einsatz der Tusche lässt an diese Erfahrung denken. All diese Faktoren sind das Resultat einer langen ästhetischen Auseinandersetzung und täglicher Übung. Sie zeugen von Dialogen, die durch Stille, natürliche Rhythmen und innere Gedanken entstehen.

Die „Wasserbotschaften“ von Reinhild Zietz sind somit eine Einladung, die Natur mit neuen Augen zu sehen, die Schönheit und Zerbrechlichkeit des Wassers zu erkennen und die tiefere Verbindung zwischen Mensch und Natur zu spüren. In einer Welt, die sich ständig verändert und in der die Umweltproblematik immer drängender wird, erinnern uns diese Arbeiten daran, wie wichtig es ist, die Natur zu schützen und zu bewahren.

15.10.03 Elisabetta Doniselli (Übersetzung aus dem Italienischern: Gisela Moll)

AM WASSER

WASSER ist ein Elementarsymbol, mit dem sich immer wieder Künstler und Künstlerinnen auseinandersetzten. Wasser fasziniert die Menschen, es ist nicht nur ein essentielles Lebenselexir, sondern betört uns in dunklen, tiefen Seen, in endlos mäandrierenden, plätschernden Flußzügen, in rauschend herabfallenden Wasserfällen oder in den unberechenbaren, geheimnisvollen Ozeanen.

Wasser ist auch ein Symbol für das Unterbewußtsein und wird mit dem Mond, mit Weiblichkeit und Irrationalität verbunden. Wegen seiner Grenzenlosigkeit und Unbeherrschbarkeit läßt sich der Ozean mit dem Chaos gleichsetzen.

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Das Thema „Wasser“ ist für eine Künstlerin wie Reinhild Zietz, die realistisches Sehen und innere Bilder zusammenfügt, wie geschaffen. Sie liebt das Experiment. Es eröffnet stets neue Möglichkeiten. Das prozessuale Arbeiten, das sich wie ein langer, endlos fließender Fluß zeigt, schwemmt die Künstlerin immer wieder an neue Ufer. Zunächst steht noch nichts fest, herrscht Chaos. Langsam entwickelt sich daraus eine Struktur bzw. Ordnung.

Die Lithografien und Alugrafien sind solche Beispiele für das gebändigte Chaos. Sie spiegeln Naturerfahrungen. Blau-Orange Farbkompositionen erinnern an Himmel, Meer, Abendrot, während Orange-Gelb-Ocker-Kompositionen Herbst bzw. fallendes Laub assoziieren. Die Lithografien sind alle Unikate, da sie mit Pinsel und Stift individuell überarbeitet werden. Die Alugrafien – Abdrucke von Aluplatten – sind Monotypien und somit ebenfalls einmalig. Sparsam setzt Reinhild Zietz die Collage ein. Es sind meistens Teile aus alten Zeichnungen oder Grafiken der Künstlerin. Nur selten finden Buchseiten oder Texte Verwendung.

Eigene Erfahrungen gepaart mit dem Unterbewußtsein lassen Arbeiten entstehen, die sich nicht auf einen speziellen Ort beziehen. Realitätsfragmente und innere Bilder finden hier eine Verschmelzung.

Solche Ausschnitte aus Natur und Zeit zeigt auch Reinhild Zietzs „Wasserbuch“ von 2002, das zwölf Arbeiten vereint. Jedes Blatt ist eine Papiercollage aus unterschiedlichen Material-abdrücken – Abdruck auf Alu, Pappe oder grobem Gewebe. Ab und zu finden alte tibetanische Stempel Einsatz, die die Künstlerin auf ihren Fernreisen erstanden hat.

Sie möchte nicht nur sichtbare Oberfläche schaffen, sondern aufzeigen, dass sich hinter dem Sichtbaren noch etwas anderes offenbart. Sie arbeitet daher auch gern mehrschichtig: klebt unterschiedliche Papiere zusammen, druckt einen Stempel auf und zeichnet zum Schluß mit einem dicken Pinsel über alles ein geheimnisvolles Zeichen.

Asien und der asiatischen Malkultur fühlt sich Reinhild Zietz schon seit ihrer Jugendzeit verbunden. Analogien werden sichtbar bei der abstrakten Sichtweise auf die Landschaft und der Natur im Generellen sowie die vermeintlich spontan gesetzten Tuschepinsel-Entäußerungen, die mal Landschaft, mal organische oder kalligrafische Zeichen andeuten. Hierbei kommt es der Künstlerin auch auf die asiatische Denkweise des „alles ist im ständigen Fluß“ an, auf die Bewegung, auf Veränderung. Nichts ist statisch in ihren Bildern. Gern lebt sie sich in Diptychen oder Triptychen aus, um ein Thema weiterzuführen, zu verdichten oder einfach neue mögliche Darstellungsformen darzulegen.

Reinhild Zietz holt sich ihre Inspiration aus der Natur. Sie fotografiert leidenschaftlich gern Landschaftsausschnitte wie das Wattenmeer der Nordsee. Die Nordsee als besonders unbeständiges Element ist ein beliebtes „Forschungsobjekt“ für die Künstlerin, da durch die Gezeiten große Veränderungen in der Landschaft, aber auch in der Atmosphäre zu verzeichnen sind. Das Prozessuale kann hautnah erlebt werden: unterschiedlichste Wolkenformationen, lebendige Rhythmen des Wassers, ständig neue Strukturen und Zeichnungen im Sand.

Für Reinhild Zietz ist eine Fotografie ein Augenblick in der Zeit. Als Gegenpol versucht sie in einem zweiten Schritt, das Ewige, Zeitlose ihres Inneren auf die Leinwand zu bringen. Die Gegensätze von Objektivität – Subjektivität, Ratio-Emotion fusionieren zu spannenden Diptychen mit den Titeln „Wasserschrift“ und „Wassernotizen“ von 2002. Hierbei liest die Künstlerin aus den Strukturen der Natur, als wären diese Zeichen und entwickelt parallel dazu ihr eigenes „Wasserschriften“-Zeichenvokabular. Dieses Einfühlen in die Natur zeichnet Reinhild Zietz aus und verleiht ihren Arbeiten eine besondere Aura.

In der Psychologie gilt Wasser als eine Matapher für die Geburt von Ideen aus dem Unterbewußtsein. Die vielschichtigen Werke Reinhild Zietz´s sind ein klarer Beweis dafür, dass Wasser selber als große Inspirationsquelle auf die bildnerische Ideenwelt wirken kann.

Dr. Christiane Braun, Kunsthistorikerin

im Januar 2007

Text zu den Ausstellungen „The World ARTISTS DIALOGUE“ in Peking und Bremen

Text zur Ausstellung: Deutsch

Text zur Ausstellung: Englisch

Die Welt durchläuft derzeit einen Globalisierungsprozess. Diese neue Ordnung verteilt nicht nur globale Ressourcen neu, sondern erweitert auch das Wissen der Menschheit. Darüber hinaus ersetzt sie die Diskursarten der bisherigen nationalen Systeme. All dies schafft ein neues Umfeld, in dem Geisteswissenschaftler und intellektuelle Künstler verschiedener Länder ihr Denken, ihre Identität und ihr Werteverständnis hinterfragen. Dies veranlasst sie auch, auf ihre eigene Weise auf die Globalisierung zu reagieren. Im Zuge der Transformation von Ideologien großer sozialer Kulturen hin zu einem Cluster von Minikulturen, fremden Kulturen und Künsten ergeben sich Fragen internationaler Beziehungen und kultureller Unterschiede, die im neuen Jahrhundert deutlich und deutlich hervortreten. Der kulturelle Austausch und Dialog zwischen China und anderen Ländern ist ein wichtiger Weg der kulturellen Kommunikation im 21. Jahrhundert.

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Die beiden Künstlerinnen, Frau Zhao aus China und Frau Zietz aus Deutschland, malten im Einklang mit dem kulturellen Geist ihres Landes und zeigten diese Bilder anschließend in einer gemeinsamen Ausstellung, um die Harmonie und das Licht der Kunst der Kommunikation in kultureller Vielfalt zu demonstrieren. Die Ausstellung selbst ist ein bedeutsamer Diskurs über die Kommunikation zwischen China und westlichen Ländern. Die Gemälde von Frau Zhao und Frau Zietz sind gewissermaßen ein außergewöhnlicher Dialog zwischen der chinesischen und der deutschen Kultur und eine direkte Kommunikation zwischen Diskursen von Frauen aus diesen beiden Ländern. Frau Zietz, eine deutsche Künstlerin, schätzt die traditionellen chinesischen Kulturen sehr. Ihre Linien, die einen Hauch östlichen Geistes enthalten, zeigen nicht nur die Tiefe und die ursprünglichen Elemente der großartigen östlichen Kultur, sondern vermitteln auch das geheimnisvolle östliche Gefühl des berühmten chinesischen Künstlers Zhao Wuji. Ihre Wertschätzung, ihr Verständnis und ihre aktive Auseinandersetzung mit den verschiedenen östlichen Kulturen haben mich sehr beeindruckt.

Die Außerordentliche Professorin Zhao Hong genoss eine strenge akademische und künstlerische Ausbildung in einer Familie voller chinesischer Kultur und Kunstatmosphäre. Sie widmete sich der Bewahrung und Entwicklung des traditionellen chinesischen Kulturgeistes. Frau Zhao besitzt ein tiefes Verständnis für die künstlerische Vitalität der „Theorie der sechs Prinzipien der Malerei“, die vom chinesischen Malereikritiker Xie He der Südlichen Dynastie entwickelt wurde. Sie ist bewandert in der Malerei von Figuren und versteht es, ihren eigenen Geist mit Porträts zu verbinden. Im gegenwärtigen internationalen Dialog der Kunstwerke hat sie einen chinesisch orientierten Standpunkt gewählt und malt hauptsächlich recht realistische, aber voll von kindlich-unschuldiger Figuren. Alle ihre Werke vermitteln östlichen Geist, wobei die Figuren natürlich und von transparenter Aufrichtigkeit sind, gepaart mit gekonnten und präzisen Zeichentechniken, die einfach scheinen, aber voller Bedeutung sind. Die Tuschelinien sind spontan, aber gekonnt und stellen das Aussehen, die spirituelle Schönheit und die Haltung orientalischer Figuren dar.

Durch ihr weiterführendes Studium an der Peking-Universität hat Frau Zhao Hong ein höheres Niveau in Theorie und Praxis erreicht. Sie versteht diese Ausstellung als eine internationale Darstellung chinesischer Kulturen, als einen direkten Dialog und Austausch zwischen China und dem Ausland. In diesen vier Jahren des Dialogs und des Schaffens haben die beiden Künstlerinnen bewusst die kleinsten und schönsten Momente ihrer eigenen nationalen Kultur gefunden. Die Linien symbolisieren die nationale Stärke; die Farben veranschaulichen die kulturelle Vielfalt und Eigenheiten. Daher zeigt ihre Kunstausstellung mehr ihrer nationalen Unterschiede als die verschiedenen Formen der Kunst und vermitteln den Wunsch, eine harmonische menschliche Kultur aufzubauen, mehr als kulturelle Unterschiede darzustellen. Mir ist aufgefallen, dass Frau Hong und Frau Reinhild Zietz Themen gemalt haben, auf die sie sich gemeinsam geeinigt haben. Unter den 24 englischen Wörtern, die sie ausgewählt haben, verankern sie die Kunst in der tiefen und weiten Kultur ihres eigenen Landes und führen den Dialog zwischen der chinesischen und der deutschen Nationalkultur fort, die beide auf eine lange Geschichte zurückblicken können. Ziel der Ausstellung ist es, im Namen beider Kulturen jeweils eine Antwort auf dieselbe Frage zu geben und gemeinsame kulturelle Themen aus ihrer jeweiligen Perspektive zu betrachten. Diese Art der Auseinandersetzung ausgehend von kulturellen Schlüsselwörtern ist recht originell. Der kulturelle Zusammenprall und die Verschmelzung eröffnen den Künstlern neue Perspektiven und werfen neue Fragen auf. Ich sehe, dass sie ihren Geist in die Malerei einfließen lassen und ihr Bestes tun, tiefere menschlichs Probleme aus einer neuen Perspektive heraus zu ergründen. Bei jedem malerischem Dialog versuchten sie, aktuelle, weltweiten Grenzfragen zu berühren, um das Bewusstsein ihrer eigenen Nation zu reflektieren und die vielfältigen Ressourcen der Menschheit zu teilen. Ich wünsche ihnen viel Erfolg für ihre internationale Kunstausstellung.

16 April 2009, Peking University

Prof. Wang Yuechuan

Kalligrafie aus Fernost

Künstlerischer Austausch zwischen China und Bremen im Lichthaus

von Dieter Begemann

Text Deutsch

Text Englisch

Bremen in Deutschland. Welche Verbindung besteht zwischen Bremen und dem Fernen Osten? Im Lichthaus, dem ehemaligen Verwaltungsgebäude der AG Weserwerft – kürzlich zu einem Bürogebäude umgebaut – ist derzeit eine Ausstellung zu sehen, die dem künstlerischen Austausch zwischen Bremen und China gewidmet ist. Reinhild Zietz, wohnhaft in Bremen und Worpswede, und ihre Kollegin Zhao Hong, wohnhaft in Peking, lernten sich bei einem Ausstellungsprojekt in Peking kennen, das von der Bremer Stadtgalerie organisiert wurde. Dieser persönliche Kontakt wurde per Brief und E-Mail fortgesetzt, und so entstand zwischen den beiden Künstlern die Idee eines Kooperationsprojekts, das nicht nur einen Austausch von Ausstellungen, sondern auch einen direkten Dialog beinhalten sollte. Die Idee war passend: Reinhild Zietz interessierte sich ohnehin für traditionelle chinesische Kunst, und genau hier lag der Schwerpunkt der Arbeit von Zhao Hong.

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Es sei erwähnt, dass in China heutzutage konventionelle Techniken und Themen eindeutig im Mittelpunkt der Künstlerausbildung stehen. Zhao Hongs Verbindung zur Tradition ist zudem eine sehr persönliche: Sie stammt aus einer Künstlerfamilie und lehrt Malerei und Kalligrafie an einer Universität. Die gemeinsame Ausstellung „Bild. Schrift im Lichthaus“ – die nur kurz zu sehen ist – versucht einen Dialog zwischen verschiedenen Kulturen herzustellen. Beide Künstlerinnen erarbeiten zunächst abwechselnd einen Themenkatalog, der Naturthemen wie Winter oder Fluss, aber auch gegenwartsbezogene wie Megastädte oder abstrakte wie Fragmente umfasste, für die sie jeweils eigene Bildideen entwickelten. So gibt es zu jedem Thema ein deutsches und ein chinesisches Kunstwerk. Allen gemeinsam ist die Verwendung von Papier als Träger. Zhao Hong beschränkt sich mit wenigen Farben auf das Medium Tusche, aufgetragen mit Feder, Pinsel oder Stempel, während Reinhild Zietz kräftige Aquarell- oder Collagetechniken einsetzt. Bemerkenswert ist, dass die chinesische Künstlerin weitgehend ihrer traditionellen asiatischen Formensprache treu bleibt, während die Bremer und Worpsweder Malerin deutlich auf ausländische, insbesondere asiatische Kalligrafie reagiert, wenn auch ins Abstrakte gelenkt.

Wie verändert sich der Blick auf das Fremde, aber auch auf die eigene Kultur in einem solchen dialogischen Arbeitsprozess? Hatte die längere Dauer des Prozesses einen Einfluss? Können Menschen unterschiedlicher Kulturen ohne eine gemeinsame Sprache zu solchen Zeichnungen und Gemälden genau genug deuten? Diese Fragen stellt sich auf der Ebene des Produzenten- und des Konsumenten. Letzteres gilt es für die Besucher des Lichthauses zu beantworten. Die Präsentation der Kunstwerke in der Mehrzweckhalle im Erdgeschoss des alten Industriekomplexes wirkte zwar architektonisch ansprechend, wirkte jedoch etwas lieblos. Die dezent platzierten Stellwände an den Stirnseiten werden weder der Pracht des Raumes noch dem künstlerischen Projekt selbst gerecht. Im Anschluss an dem Aufenthalt in Bremen soll die Ausstellung weiter an drei Universitäten in China gezeigt werden.

Sonntags Ausgabe des Weser Kuriers, 2 August 2009

Einleitung zu meinem Buch

Reinhild Zietz

Bildobjekte – Das neue digitale Leben

ISBN 978-3-9819737–0-9

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Wichtig für mich ist der spannende Dialog mit unterschiedlichen künstlerischen Medien, Formen und Positionen. Mein frühes Interesse an gegensätzlichen malerischen Standpunkten in der Bildenden Kunst haben mich schon früh zu Projekten in China geführt.

Meine eigenen künstlerischen Wahrnehmungen habe ich umgesetzt mit der Malerei, Zeichnungen, Collagen und Fotografie. In China dagegen sind Collagen kaum verbreitet. Es gibt dort aber Arbeitstechniken in der chinesischen Malerei, die es bewirken, daß das gemalte Bild dynamischer wirkt und Bewegung andeutet.

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Bewegung ist ein grundlegendes Element jeden Lebens. Selbst in statisch fixierten Gebilden wie z.B. Bäumen bewegen sich im ganzen Jahr Stoffe, die auf- und abwandern. Meine Malerei ist getragen vom steten Wandel der Dinge, von der Bewegtheit und Veränderlichkeit der Prozesse. Viele Prozesse in der Natur sind von unaufhörlicher Bewegung und Verwandlung charakterisiert. Bewegtes Wasser habe ich bereits in mehreren meiner Wasserbilder dargestellt. Um die Dynamik eines Vorganges stärker deutlicher zu machen, habe ich dann später Gegensatzpaare gebildet mit einerseits der Malerei, die den dynamischen Part bildete und andererseits der Fotogafie, die den Zustand des statisch festgehaltenen Augenblicks charakterisierte.

Grundelement der Digitalisierung sind ebenfalls die schnellen Verläufe der Vorgänge, oder anders ausgedrückt, der schnellen Bewegungen innerhalb der digitalen Elemente. Die Vorgänge laufen so schnell ab, das ein abgesendetes E-mail nach Millisekunden bereits auf dem Empfängerkonto erscheint. Diese Schnelligkeit der Bewegung hat auch zu der Globalisierung der Welt beigetragen.

Bei meinem Kunstprojekt „Digitalisierung der Welt“ benutzte ich wie bei meinen Wasserbildern zunächst Gegensatzpaare, hier gekennzeichnet durch den Gegensatz „Digital versus Analog“. Als analogen Part habe ich meine Malerei gewählt. Als digitalen Part verwende ich Leiterplatten aus dem Computer, deren Unterseite eine ästhetische Struktur haben. Heute beziehe ich auch andere Strukturen der Technik und speziell der Elektronik als Symbole des Digitalen in meine künstlerischen Bildobjekte mit ein, um so die gesellschaftlichen Veränderungen in unserer digitalen Welt darzustellen.

Meine Dialoge von „Analog - Digital“ entsprechen auch dem chinesischem Verständnis von „Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit“, also einem Wechselspiel.

Niemand wird bestreiten können, daß unser Leben im digitalen Zeitalter mit den vielen digitalen Möglichkeiten noch spannender, reicher, manchmal aber auch problematischer geworden ist. Deshalb ist es wert, diese neue Zeitenwende mit künstlerischen Mitteln darzustellen.

Was beobachten wir in unserem neuen digitalen Leben? Die Digitalisierung ist die bedeutenste Stömung der Gegenwart. Der Einfluß der Digitalisierung durchzieht inzwischen alle Bereiche unseres Lebens. Was geschieht mit uns Menschen bei der Kommunikation mit geschwätzigen Sprachassistenten des Computers, am Steuer selbstfahrender Autos oder wenn wir kollegial zusammen mit Robotern arbeiten müssen? Und was bedeutet dies für die Märkte, unsere Arbeitsplätze und die Kunst und die Kultur? Wir sind inzwischen Konsumenten des Internet, Internet of Things, High Speed Surfing, Smart Cities, Big Data, Cloud Computing, Mobile Business, IT-Sicherheit, Pixelkunst und Netzwerkkunst, Robotics und wir sind eventuell bald auch Opfer einer weiterentwickelten künstlichen Intelligenz (KI).

Das Digitale umfaßt also unser ganzes zukünftiges Leben. Für einige der Beobachtungen unseres iLife habe ich Bildobjekte entwickelt, sofern ich sie ästhetisch umsetzen konnte.

Es gibt neue Berufe, dargestellt mit dem Bildobjekt: „Chief Digital Officer“. Neue Typen von Fans sind plötzlich aufgetaucht, Bildobjekte: „Weiblicher Nerd“ und „Computer Geek“.

Es entwickeln sich neue Stadtstrukturen (Bildobjekt „Megacity“). Neue Zukunftsvisionen stehen vor der Realisierung, Bildobjekte :„My Personal Robot (PR)“ und „Computer lands on the Moon“ und „Entdeckung unbekannter Welten“ und „Robot trifft Buddha“.

Eher sachliche Darstellungen der Digitalisierung sind die Bildobjekte : „Die Nachricht verschwindet in der Cloud“, „Gut vernetzt“, „Datencrash“, „Slash / Slash“, „Datenrotation“, „Unwirksam gemacht“, „Unbekannte Nachricht“ und „Die verlorene Verbindung“.

Neues Glück kann man mit folgenden Bildobjekten erleben: „Die Realität allein ist nicht ausreichend“, „Virtuelle Welten entdecken“, “High-Speed Surfen im Internet“, „Hot Gaming: Egoshouter 1“, „Was wäre meine Tochter ohne ihr Smartphone?“ und „Sphärenmusik“. Täglicher Ärger kann bei der Arbeit am Computer nicht ausbleiben, dargestellt mit den Bildobjekten: „Trojaner im PC“, „Virus im PC“, „Widerborsig“ und „Revolte der Digits“.

Persönlichen digitalen Ärger kann man aber auch vermeiden: „Zum Glück sehe ich nicht, was in meinem Rücken passiert“. Meine persönliche Forderung nach absoluter Freiheit des Meinungsaustausches im Digitalen wird dargestellt mit dem Bildobjekt „Unlimited Communication“.

Es gibt - wie oben bereits aufgelistet - positve und negative Entwicklungen durch die Digitalisierung. Manche Experten meinen auch, wir könnten sogar ein Opfer der weiter entwickelten Intelligenz (KI) werden. Dies stellt mein Bildobjekt mit dem Titel „Gehen wir mit der Digitalisierung einem goldenen Zeitalter entgegen oder werden die Menschen in der Zukunft durch die künstliche Intelligenz ausgelöscht“? Ein zweites Bildobjekt mit dem Titel „Digitaler Turm zu Babel“ behandelt das gleiche Thema. Es hinterfragt, ob die Hybris, die aus der weiteren Entwicklung der künstlichen Intelligenz entstehen könnte, der Menschheit enorme Schwierigkeiten bringen könnte, frei nach einigen Sätzen, die im Alten Testament stehen.

Reinhild Zietz

Frankfurt a.Main, Dezember 2020